Untersuchungsmethoden
Der Besuch beim Arzt
Viele Menschen halten ein tägliches Leben mit rheumatischen Beschwerden leider immer noch für normal, denn – so ein oft zu hörender, aber eindeutig falscher Ausspruch – „Rheuma hat doch fast jeder!“ Wer so denkt, geht deswegen auch nicht zu einem Arzt, sondern behandelt sich selbst, oft mit vollkommen unzureichenden, frei verkäuflichen Schmerzmitteln und zahl reichen „Rheumasalben“. Entsprechend hoch ist die Dunkelziffer nicht erkannter Rheuma-Erkrankungen.
Große Mengen Schmerzmittel werden verbraucht und die damit verbundenen Nebenwirkungen und Folgekrankheiten in Kauf genommen. Nicht selten treten beispielsweise arzneibedingte Magenprobleme auf. Bei rheumatischen Beschwerden sollten Sie immer einen Arzt um Rat fragen, denn vor eine Therapie gehört die Diagnose. Erst wenn eine exakte Untersuchung nach allen Regeln der medizinischen Kunst erfolgt und eine Diagnose gestellt worden ist, kann eine sinnvolle Behandlung unter fachlich qualifizierter Leitung und Kontrolle erfolgen.
Von heroischenm Selbstbehandlungsversuchen ohne eine genaue Kenntnis der Erkrankung ist grundsätzlich abzuraten. Sie sollten hier keine wertvolle Zeit verschwenden, denn gerade bei rheumatischen Erkrankungen, die zu Gelenkzerstörungen und dadurch zu dauerhaften Schäden führen können, ist eine Frühdiagnose von herausragender Bedeutung.
Was erwartet Sie bei Ihren Arztbesuchen? Welche Untersuchungen werden bei Rheuma vorgenommen? Was wird bei den verschiedenen Untersuchungsmethoden geprüft? Was sagen die einzelnen Verfahren aus? Dieses Kapitel soll Ihnen helfen, sich in der Welt der medizinischen Fachsprache und Abkürzungen zurechtzufinden und zu verstehen, was wie warum bei Ihnen untersucht wird.
Die Krankenvorgeschichte
Besonders im Herbst, wenn es neblig und trüb ist und langsam kälter wird, nehmen die Schmerzen bei Weichteilrheuma zu. Die genaue Vorgeschichte Ihrer Rheuma-Erkrankung ist trotz aller moderner Untersuchungstechnik bis heute der wesentliche Baustein der Diagnose. Die so genannte „Anamnese“ – abgeleitet aus dem Griechischen „anamnesis“ für „Erinnerung“ – ist die Grundlage für gezielte weiterführende Untersuchungen.
Viele Rheumatherapeuten benutzen einen standardisierten Fragebogen zur Anamneseerhebung. Allerdings kann dieser nicht das persönliche Gespräch ersetzen. Die Anamnese zusammenzutragen ist mehr als nur ein Sammeln von Fakten, Symptomen und Beschwerden. Der Therapeut sollte Sie dabei als Rat suchenden Menschen in seiner Ganzheit von Körper, Geist und Seele kennen lernen. Dazu ist eine Kenntnis Ihrer individuellen Lebensgeschichte, Ihres beruflichen, sozialen und familiären Umfeldes, Ihrer Sorgen, Ängste, Hoffnungen und Wünsche ebenso wichtig wie Ihre aktuell im Vordergrund stehenden körperlichen Beschwerden.
Ausreichend Zeit und ungestörte Ruhe, genaues, wertfreies und aufmerksam konzentriertes Zuhören sowie gezieltes, gründliches und taktvoll diskretes Nachfragen sind hierbei unabding bare Voraussetzungen, die der Arzt oder die Ärztin mitbringen sollte. Die erste Begegnung zwischen Ihnen als Patient und Ihrem Therapeuten ist somit nicht nur ein wichtiger Baustein zur Diagnosefindung, sondern auch das Fundament für eine vertrauensvolle, möglicherweise langjährige Zusammenarbeit bei der Behandlung Ihrer Erkrankung. Sie sollten sich angenommen und verstanden fühlen, sich als aktiv handelnde Person erleben und gleichberechtigter Mitarbeiter und Partner bei einer zukünftigen Therapie sein. Ängste, etwas „Falsches“ gesagt zu haben oder überhaupt sagen zu können, sind beim Gespräch mit dem Arzt völlig fehl am Platz.
Folgende Fragen sollte Ihnen Ihr Arzt stellen:
WO SIND IHRE BESCHWERDEN?
Aus dem Verteilungsmuster der rheumatisch befallenen Gelenke und Körperteile kann der Arzt häufig schon Rückschlüsse auf die Erkrankung ziehen. Beispielsweise betrifft die primäre Polyarthritis häufig die Fingergrundgelenke, die direkt an der Handfläche ansetzen. Dagegen zeigt sich die Gicht oft an den Grundgelenken der großen Zehen. Die Schuppenflechte befällt meist die Gelenke der Finger und Mittelhandknochen sowie der Zehen und Mittelfußknochen. Eine beginnende Bechterewsche Erkrankung wiederum macht sich häufig zuerst in den Kreuzbeingelenken der unteren Wirbelsäule bemerkbar. Auch ist ein symmetrischer Gelenkbefall bei einigen Rheumaformen typisch.
WANN UND IN WELCHEN SITUATIONEN TRETEN IHRE SCHMERZEN AUF?
Nächtliche, tief sitzende Kreuzschmerzen beispielsweise treten oft bei entzündeten Kreuzbeingelenken im Rahmen der Bechterew-Krankheit auf. Beim Weichteilrheuma nehmen die Beschwerden bei feucht-kaltem Wetter zu. Sie hängen außerdem von der allgemeinen seelischen Verfassung ab.
WODURCH NEHMEN IHRE SCHMERZEN ZU ODER AB?
Wärme mindert häufig die Symptomatik beim Weichteilrheumatismus, aber auch bei Arthrosen. Bei akuten Entzündungen dagegen verschlimmert sie die Schmerzen meistens, hier ist Kälte besser.
WAS KÖNNTE IHRE SCHMERZEN AUSGELÖST HABEN?
Gab es eine erkennbare Ursache oder äußere Einwirkungen als Auslöser für Ihre Krankheit? Beispielsweise Verletzungen, besondere körperliche Belastungen, klimatische Einflüsse, Temperaturextreme, psychische Konflikte oder gravierende Lebensereignisse, Einnahme von Arznei mitteln? Besteht ein Zusammenhang mit scheinbar anderen Krankheiten wie Darmentzündungen oder Hautleiden? Litten Sie in der Zeit vor dem ersten Erscheinen Ihrer rheumatischen Beschwerden an irgendwelchen Infektionskrankheiten?
Auch andere, hier nicht aufgeführte, Ihnen persönlich gar merkwürdig oder unerklärlich vorkommende Zeichen Ihres Körpers können hier wichtig sein. Sie sollten diese in jedem Fall dem Arzt berichten! Gerade solche besonderen – „sonderlichen“ – Symptome können dem homöopathisch arbeitenden Behandler wertvolle Hinweise geben, die richtige Diagnose zu stellen und das geeignete homöopathische Arzneimittel zu finden. Auch sollten Sie offen und ohne Scheu über Ihre Ernährungsgewohnheiten und Ihren Konsum von Genussgiften wie Tabak oder Alkohol sprechen.
AN WELCHEN WEITEREN KRANKHEITEN LEIDEN SIE?
Neben Angaben zu konkreten rheumatischen Beschwerden des Bewegungs- und Stützapparates sollte der Arzt auch nach allen anderen Krankheiten, Verletzungen und Operationen fragen. Sowohl aktuelle als auch frühere Leiden sind hier wichtig, und zwar von allen Körper bereichen. Denn bei den Rheumatoiden treten rheumatische Veränderungen als Begleiterscheinungen vollkommen andersartiger Grunderkrankungen auf. Auch im Hinblick auf die Therapie muss der Behandler umfassende Kenntnis über Ihren Gesamtzustand erlangen. Denn einige konventionelle Rheumamittel können beispielsweise bei Krankheiten des Magens oder der Nieren nur mit großen Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen zur Anwendung kommen – unter Umständen auch gar nicht.
Die Frage nach bereits erfolgten Behandlungen, regelmäßiger Medikamenteneinnahme, ihrer Verträglichkeit und Wirksamkeit sollte ebenfalls Bestandteil der Anamnese sein. Wenn Ihre individuelle, persönliche Krankenvorgeschichte auf diese Weise in vertrauensvoller und partnerschaftlicher Zusammenarbeit erhoben worden ist, schließt sich in aller Regel eine körperliche Untersuchung an.
- Rheuma ist eine langjährige Krankheit, daher sollte das Verhältnis zum Arzt vertrauensvoll und offen sein.
- Bei Rheuma selbst aktiv werden ist richtig – aber immer in Absprache mit einem Arzt.