Übersicht über sanfte Naturheilverfahren: Akupunktur, Akupressur, Traditionelle Chinesische Medizin, Anthroposophische Medizin
Frauen brauchen eine andere Medizin als Männer. Für diese Vermutung einiger fortschrittlicher Mediziner sprechen immer mehr Fakten. Medikamente wirken bei Männern und Frauen anders: Die Unterschiede bei Gewicht, Körperfett, Muskelmasse und Wassergehalt des Körpers spielen dabei eine Rolle.
Und auch der Stoffwechsel, zum Beispiel in der Leber, funktioniert je nach Geschlecht unterschiedlich. Dennoch werden Arzneien in der Entwicklungsphase fast ausschließlich an gesunden Männern erprobt, weil ihr Hormonspiegel zum Beispiel deutlich weniger schwankt als der von Frauen. Das hat zur Folge, dass mögliche Nebenwirkungen eines Medikamentes, wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder niedriger Blutdruck, sich bei Frauen stärker bemerkbar machen als bei Männern. Frauen sind bei gleicher Dosis eines Medikamentes häufig überdosiert. Ob dies der Grund dafür ist, dass vor allem Frauen immer mehr auf altes Heilwissen zurückgreifen und sich mit Naturheilmitteln behandeln lassen?
Gemeinsam zum Wohle des Patienten
Noch immer zweifeln viele, vor allem Schulmediziner, an der Wirkung verschiedener Naturheilmethoden, weil ihre Wirksamkeit nicht in den üblichen klinischen Studien nachgewiesen wurde. Sie sehen in ihnen eher eine Konkurrenz zur Schulmedizin. Und niemand wird im Ernstfall auf die Schulmedizin verzichten wollen. Unbestritten ist, dass sie Unglaubliches leistet, in letzter Minute Leben rettet, Organe transplantiert und die Lebensqualität von schwer Kranken deutlich erhöht. Bei Unfällen, Infektionen und Tumoren muss sofort gehandelt werden.
Naturheilverfahren je nach Erkrankung als Alternative oder komplementär, also ergänzend zur Schulmedizin, eingesetzt, so wird Patienten am besten geholfen. Zu jedem naturheilkundlichen Verfahren gibt es eine Vielzahl empfehlenswerter Literatur für Interessierte, die sich näher mit dem Thema befassen möchten. Im Rahmen dieses Buches wird hingegen ein Überblick über die gebräuchlichsten Naturheilverfahren und ihre Wirkungsweise gegeben. In den einzelnen Kapiteln werden beispielhaft Therapietipps aus den unterschiedlichen Verfahren genannt.
Die wichtigsten Naturheilverfahren
Akupunktur, Akupressur und Traditionelle Chinesische Medizin
Die Traditionelle Chinesische Medizin, kurz TCM genannt, blickt auf eine mehr als 3000-jährige Geschichte zurück. Die wichtigsten Grundlagen der Chinesischen Medizin sind die Lehre von Yin und Yang und den fünf Wandlungsphasen oder – wie man nicht ganz korrekt im Westen übersetzt – Elemente sowie die Lehre vom Qi (auch Ch´i oder Ji), der universellen Lebenskraft und Energie.
Yin und Yang sind die zwei Polaritäten, die jedem Wesen und Ding innewohnen. Yin gilt als passiv, dunkel, als weibliches Prinzip. Yang ist aktiv, hell, das männliche Prinzip. In der altchinesischen Medizin werden zwei Arten von Behandlungsmethoden unterschieden: Die „äußeren“ Behandlungen umfassen Akupunktur, Moxibustion, Massage, Bädertherapie, Gymnastik und Atemtherapie. Die „innere“ Behandlung besteht aus Medizin, Diät sowie meditativen oder suggestiven Techniken.
Die umfangreichste Therapieform ist die Pharmakologie. Über 2800 Substanzen sind in der Chinesischen Arzneimittellehre vereinigt. Viele der Heilsubstanzen finden sich mit ähnlicher Verwendung auch im Westen, andere sind allein in China heimisch und eher exotisch. Die bekannteste Methode aus der TCM ist die Akupunktur, die im Westen zwar schon seit dem 17. Jahrhundert bekannt ist, aber eigentlich erst in den letzten 20 Jahren in einer Art vermittelt und angewendet wird, die dem chinesischen Standard entspricht.
Akupunktur und Akkupressur nach westlichen Verständnis
Mittlerweile liegen wissenschaftliche Beweise für die Wirkung der Akupunktur vor. Werden die dünnen Nadeln in die Akupunkturpunkte eingestochen, regen sie das Nervensystem an, und der Körper gibt morphinähnliche Substanzen frei, die Schmerzsignale abblocken.
Wie unterschiedlich die Erklärungsversuche auch ausfallen, in einem Punkt sind sich chinesische Heiler, westliche Mediziner und Patienten in Ost wie West einig: Die Akupunktur funktioniert. Nicht zu trennen von der Akupunktur sind die Moxibustion, eine Erwärmung der Punkte durch Verbrennen von Artemisia (Beifuß), und die Massage der Leitbahnen und Punkte (An mo). Die im Westen so genannte Akupressur ist nur in Teilen mit der chinesischen Massage identisch. Als Ergänzung der Akupunktur gilt das Schröpfen, das in der westlichen Naturheilkunde seine direkte Entsprechung hat.
Die häufigsten Akupunkturformen:
Körperakupunktur: Elektroakupunktur (an die eingestochene Nadel wird ein elektrischer Impuls geführt), Punktförmige transkutane Nervenstimulation (PuTENS) nach Heydenreich, Softlaser-Therapie am Akupunkturpunkt.
Ohrakupunktur: Nadelung von Akupunkturpunkten auf der Ohrmuschel
Hier helfen Akkupunktur und Akkupressur
Die klassische Akupunktur hilft insbesondere bei chronischen Problemen wie Kopf-, Rücken- und Gelenkschmerzen. In der Frauenheilkunde wird Akupunktur während Schwangerschaft und Geburt eingesetzt, aber auch zur Behandlung von Menstruationsbeschwerden und prämenstruellem Syndrom. Alle Organe des Körpers sind in bestimmten Akupunkturpunkten auf der Ohrmuschel repräsentiert: Hüfte, Lendewirbelsäule, Fuß, Knie, Bruswiirbelsäule,Hand, Arm, Schulter, Halswirbelsäule, Schädel, Gesicht
Info: Berufsverband Deutscher Akupunktur-Ärztinnen und -Ärzte, Baden-Baden
- Die Lebensenergie Chi durchfließt den Körper in Meridianen, die an den Akupunkturpunkten zugänglich sind
Anthroposophische Medizin
Die anthroposophische Medizin geht zurück auf Rudolf Steiner (1861-1925), der die anthroposophische Geisteswissenschaft als eine Wissenschaft von Körper, Seele und Geist des Menschen gründete. Der Name kommt aus dem Griechischen: Antropos = Mensch, Sophia = Weisheit. Rudolf Steiner definierte in seiner Anthroposophie vier Kräfteorganisationen oder „Wesensglieder“ des Menschen und beschrieb mit ihnen alle Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge des Lebens: Körper (physischer Organismus), Ätherleib (Lebenskräfte), Astralleib (Seele) und die Ich-Organisation (Geist). Krankheit im anthroposophischen Sinne ist eine zu starke oder zu schwache Wirksamkeit der einzelnen Wesensglieder.
Jede Störung ist daher letztlich auch mit einer Störung der Ich-Organisation verbunden, da der Prozess der Integration gestört ist. Krankheit ist danach weder Zufall noch Schicksalsschlag, sondern eine Chance zur Änderung und Verbesserung des eigenen Seins. Die philosophischen Ansichten Steiners bildeten die Grundlagen für die Waldorfpädagogik, die Heilpädagogik und die biologisch-dynamische Landwirtschaft. Die anthroposophische Medizin wurde zu Beginn der zwanziger Jahre von Dr. Ita Wegman und anderen Ärzten in Zusammenarbeit mit Steiner begründet.