Auch für mich?
Sind Sie auch durch euphorische Medienberichte über Botox neugierig geworden – wissen aber noch nicht so recht, was Sie davon halten sollen? Ob eine BTX-Behandlung für Sie persönlich sinnvoll ist, hängt entscheidend von Ihren Hoffnungen und Erwartungen ab. Eindeutig ist die Antwort, falls Sie unter einer NERVEN- ODER MUSKELKRANKHEIT leiden, die auf das Medikament anspricht. Suchen Sie sich möglichst rasch einen kompetenten Facharzt – vielleicht wird Botulinumtoxin wirklich Ihr persönliches „Wundermedikament“. Schwieriger ist die Antwort, wenn Sie eine ÄSTHETISCHE VERBESSERUNG durch Botulinumtoxin erhoffen. Viele Europäer halten den Boom der ästhetischen Medizin in Amerika für eine amerikanische Verrücktheit. In Wahrheit unterscheidet sich Amerika dabei kaum von Europa. Nur die ungezwungene Einstellung der Amerikaner dazu ist für uns befremdlich. In Amerika sind Millionen Menschen stolz darauf, aktiv etwas für ihr Aussehen zu tun. Eine gelungene Faltenreduktion wird ausgiebig begutachtet und diskutiert. Bei uns dagegen bekennt sich bisher kaum jemand zu einem ästhetischen Eingriff. Zu groß ist die Angst vor negativen Kommentaren. Wie stark das öffentliche Interesse trotzdem ist, können wir an der Themenwahl privater Fernsehsender erkennen. Schönheitsbehandlungen jedweder Form sind eines ihrer beliebtesten Themen geworden.
Die Macht der Schönheit ...
Tatsächlich kann eine ästhetische Korrektur einen großen Einfluss auf den Lebensweg nehmen. Bei der ersten Begegnung mit einem Menschen beurteilen wir ihn spontan und entwickeln sofort Sympathie oder Antipathie, ohne dass uns die Gründe für dieses Ersturteil bewusst wären. Viele Untersuchungen belegen, dass körperlich attraktive Menschen gegenüber weniger schönen Menschen zahlreiche Vorteile im Privat- und Berufsleben genießen: Sie bekommen eher Hilfe angeboten, werden bei gleicher Leistung besser beurteilt, bekommen eher eine Arbeitsstelle, verdienen mehr, werden vor Gericht weniger oft schuldig gesprochen und erhalten niedrigere Gefängnisstrafen. Unbewusst schreiben wir schönen Menschen positivere Charaktereigenschaften zu und glauben, dass sie erfolgreicher und glücklicher seien. Wen wundert da der Boom der Schönheitsindustrie? Modeexzesse auf Kosten des einzelnen Menschen sollte natürlich niemand befürworten. Auch schönheitschirurgische Eingriffe bei Jugendlichen sind für den seriösen Operateur tabu. Selbst engagierte Feministinnen akzeptieren aber andererseits inzwischen gutes Aussehen als „politisch korrekt“.
Schönheitseingriff = Schönheitsdiktat?
Kein menschlicher Körper lässt sich perfekt in eine Norm pressen: Wir kommen zur Welt mit großen Ohren oder kleiner Nase, haben später viel oder wenig Haare, einen Hängebusen oder eine Trichterbrust und müssen uns gewöhnlich damit arrangieren. Ob Lachfalten und Denkrunzeln, Speckpolster und Tränensäcke unser Wohlbefinden beeinträchtigen, ist Persönlichkeitssache. Viele Frauen sind unzufrieden da mit, jeden Tag kostbare Minuten mit Schminken zu verbringen– und Altersflecken und Akne-Narben sind trotzdem nurdürftig überdeckt. Schon immer haben Menschen daher versucht,mit mehr oder weniger sanften Methoden ihre Schönheitzu fördern.Die Ursachen für den neuzeitlichen Boom der Schönheitschirurgiesind indes vielfältig.
Ein besonderer Grund unsererZeit liegt in der Verzerrung der eigenen KÖRPERWAHRNEHMUNG, der Fehleinschätzung der eigenen Proportionen. Die meisten Menschen schätzen ihre Körpermaße falsch ein – obwohl sie ihre Körperlänge, Kleider- und Schuhgröße natürlich genau kennen. Frauen schätzen zum Beispiel in entsprechenden Experimenten ihre Hüften, Taille und Oberschenkel durchschnittlich um 25 Prozent „breiter“ ein, als sie wirklich sind (Männer verschätzen sich erstaunlicherweise nur um 13 Prozent).
Ganze Bibliotheken sind veröffentlicht worden über die Ursachen solcher selbstquälerischen Körperbilder, über den gesellschaftlichen Stellenwert von Schönheitsidealen, über die subtile Festschreibung von weiblichen und männlichen Stereotypien oder über die wirtschaftliche Bedeutung der Schönheitsindustrie. Selbstverständlich dürfen Schönheitsoperationen keine „Psychotherapie“ oder „Familientherapie mit dem Skalpell“ sein.
Manche Menschen leiden unter Schönheitsfehlern in krankhaftem Ausmaß, andere wollen eine zerbrochene Partnerschaft mit der Operation retten. Hier ist nicht mehr der Chirurg, sondern ein PSYCHOTHERAPEUT gefordert. Auch BTX kann weder Ehen retten noch aus einem schüchternen Mauerblümchen einen extrovertierten Vamp zaubern. Andererseits sollten ästhetische Korrekturen bei psychischen Problemen offensiv genutzt werden – wenn sie sinnvoll sind. Manche Menschen leiden aufgrund auffälliger Schönheitsfehler (zum Beispiel Muttermale oder Nasendeformierungen) an Depressionen und unterziehen sich erfolglos jahrelang einer psychotherapeutischen Behandlung. Eine relativ einfache Operation kann in solchen Fällen oft auf einen Schlag die äußere Schönheit und damit auch den inneren Frieden wiederherstellen.