Enzymweltmeister: die Bauchspeicheldrüse
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist ein länglicher, weicher Drüsenkörper, der quer im Oberbauch hinter dem Magen liegt. Sie ist eine wichtige Drüse für die Verdauung und hat zwei Hauptfunktionen: Sie liefert zum einen die Verdauungsenzyme für die Fett-, Kohlehydrat- und Eiweißverdauung, und zum anderen produziert sie das Insulin und das Glukagon, die wichtigsten Hormone für die Blutzuckerregulation.
Vom ersten Bissen an
Schon während die ersten Bissen im Mund zerkaut werden, wird die Nahrungsaufnahme von speziellen Fühlern, sogenannten Chemorezeptoren, auf der Mundschleimhaut wahrgenommen und dem vegetativen Nervensystem gemeldet. Dort reagiert der Vagusnerv und aktiviert die Bauchspeicheldrüse, die unverzüglich in Funktion tritt und mit der Produktion von Verdauungsenzymen beginnt. 97% des Pankreasgewebes besteht aus Drüsenzellen, aus denen der Verdauungssaft über den Pankreasgang in den Zwölffingerdarm ausgeschüttet wird.
Sobald der Nahrungsbrei vom Magen in den Zwölffingerdarm gelangt, werden zwei Hormone sezerniert, das Sekretin und das Pankreozymin. Diese beiden Hormone steuern in der Bauchspeicheldrüse die Menge und Zusammensetzung von Pankreassaft sowie die Abgabe von Gallensaft. Wenn der Nahrungsbrei vom Magen in den Zwölffingerdarm gelangt, steht dort bereits reichlich Verdauungssaft bereit, um die Verdauung fortzusetzen.
Dieser Verdauungssaft ist genau den aufgenommenen Nährstoffen entsprechend zusammengesetzt, je nach Anteil von Fett, Eiweiß und Kohlehydraten. Zur Bildung von Verdauungsenzymen ist das Pankreas mit einer beeindruckenden Leistungsreserve und Überkapazität ausgestattet. Pankreaszellen enthalten 10-mal mehr Enzyme als eigentlich erforderlich sind, um eine normale Mahlzeit zu verdauen. Anders ausgedrückt: Erst wenn die Funktionen der Bauchspeicheldrüse zu mehr als 90% ausgefallen sind, kommt es zu ernsten Verdauungsstörungen.
- Der bereitgestellte Verdauungssaft orientiert sich jeweils an den aufgenommenen Nährstoffen.
Exkretorische Bauchspeicheldrüsenfunktionen
Die Bauchspeicheldrüse produziert eine Reihe von Enzymen, die über einen Gang in den Zwölffingerdarm abgegeben werden (deswegen „exkretorisch“, also nach außen):
- Als Proteasen werden die Enzyme bezeichnet, die Eiweiß spalten (Abb. 13). Auf den ersten Blick müßte sich eine Bauchspeicheldrüse eigentlich selbst verdauen, da sie aus Eiweißverbindungen besteht. Doch solange die Bauchspeicheldrüse gesund ist, wird dies nicht geschehen. Dies liegt daran, dass die Bauspeicheldrüse nur inaktive Enzym-Vorstufen herstellt. Erst im Zwölffingerdarm werden diese Vorstufen von einem anderen Enzym aktiviert. So entstehen das Trypsin und das Chymotrypsin, die das im Magen bereits vorverdaute Nahrungseiweiß bis zu den kleinsten Bausteinen aller Eiweiße, den Aminosäuren, spalten.
- Enzyme, die Kohlehydrate wie Zucker und Stärke spalten, werden Amylasen genannt. Die Amylase aus der Bauchspeicheldrüse ist weitestgehend chemisch identisch mit dem Enzym Ptyalin aus den Ohrspeicheldrüsen, das bereits im Mund mit der Kohlehydratspaltung der Nahrung beginnt. Amylase spaltet die komplexen Kohlehydrate bis in ihre kleinsten Einzelbausteine, den Einfachzuckern (z.B. Glukose = Traubenzucker) auf.
- Für die Verdauung von Fett ist die Lipase das wichtigste Enzym. Die Lipase zerlegt die sogenannten Triglyzeride inkleinere Bestandteile (Di- und Monoglyzeride) und in freie Fettsäuren. Dieser Vorgang geschieht in engster Zusammenarbeit mit den Gallensäuren, die die Fette emulgieren und dadurch überhaupt erst verwertbar machen. Die pro Tag bereitgestellte Lipase würde rein rechnerisch ausreichen, über vier Liter Olivenöl in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen.
- Das Nahrungscholesterin wird durch das Enzym Cholesterinesterase derart aufbereitet, dass es vom Organismus aufgenommen werden kann.
- Nukleasen spalten Nukleinsäuren, den Inhalt der Zellkerne aus pflanzlichen und tierischen Geweben. In den Nukleinsäuren (DNS und RNS) sind die Erbinformationen gespeichert, die die Funktionen der Zelle steuern.
- Neben diesen Enzymen enthält das Sekret der Bauchspeicheldrüse weitere Substanzen, die für die Verdauung sehr wichtig sind. Hierzu zählt das basische Natriumbikarbonat, das den salzsäurehaltigen Mageninhalt neutralisiert und im Zwölffingerdarm ein leicht basisches Milieu mit einem pH-Wert von 7–8 aufrechterhält. Nur in diesem basischen Milieu können die Verdauungsenzyme ihr Wirkungsoptimum erreichen.