Der Weltmeister im Stoffwechsel - die Leber Kapitel II
In den Zellen tobt das Leben
Oberflächlich betrachtet, erscheinen alle Leberzellen wie würfelförmige Gebilde mit einer Kantenlänge von 1/30 Millimeter. Erst die vieltausendfache Vergrößerung mit dem Elektronenmikroskop offenbart das komplizierte Innenleben. Hier spielt sich alles ab, was über Gesundheit und Krankheit bestimmt. Im Zellkern liegen die Erbinformationen (Gene) für alle Zellfunktionenals Chromosomen gebündelt vor. In dieser „Informationszentrale“ sind wie bei der Software eines Computers die Baupläne für alle Stoffwechselschritte und -produkte gespeichert.
Im Zellplasma befinden sich verschiedene Funktionseinheiten, die als sogenannte Zellorganellen spezielle Aufgaben erfüllen müssen:
- Das Endoplasmatische Retikulum ist ein weitverzweigtes Gangsystem aus gefalteten Membranen mit wandständigen Körnchen, den Ribosomen. In den Ribosomen wird Eiweiß gebildet. Außerdem verbindet das „Netzgebilde“ Endoplasmatisches Retikulum den Zellkern mit der äußeren Zellmembran und dadurch mit der Außenwelt der Zelle. Über das Membransystem werden Ausscheidungsprodukte und Abfallstoffe transportiert und ausgeschieden.
- Auch der Golgi-Apparat besteht aus Membranen, die wie mehrere abgeflachte Säcke aussehen. In diesen werden Eiweiße und Zuckerverbindungen konzentriert und in Membranbläschen abgeschnürt, um gespeichert oder aus der Zelle ausgeschleust zu werden.
- In jeder Leberzelle gibt es ca. 2500 Mitochondrien. Man nimmt an, daß die Mitochondrien in der Entwicklungsgeschichte als ursprünglich selbständige bakterienartige Biosysteme in die Zelle eingewandert sind und dabei ihre Selbständigkeit zugunsten der übergeordneten Zellorganisation aufgegeben haben. Mitochondrien sind „Energiestationen“ mit über hunderr verschiedenen Enzymen, die jeweils für eine spezielle Stoffwechselfunktion zuständig sind. Die wichtigsten sind der Sauerstofftransport (auch Oxidation oder Zellatmung genannt), die Elektronentransportkette und die Energieträgergewinnung (oxidative Phosphorylierung). In diesen Prozessen wird aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Phosphor chemische Energie in Form einer energiereichen Phosphatverbindung (ATP = Adenosintriphosphat) gebunden, die der Organismus bei Bedarf wie Kohlebriketts verbrennen kann.
- Die Lysosomen sind vom Golgiapparat gebildete Membranbläschen, in denen zahlreiche Enzyme konzentriert sind. Sie dienen dem Transport dieser Eiweiße sowie dem Abbau von aufgenommenen Substanzen oder verbrauchten Bestandteilen (Schlacken) der Zelle. Lysosomen machen rund 80 Prozent der Masse einer normalen Leberzelle aus.
Stress durch aggressiven Sauerstoff
Bei dem Sauerstofftransport in den Mitochondrien entstehen sogenannte „aggressive Sauerstoffradikale“, die Membranstrukturen der gesamten Zelle schädigen können. Besonders gefährdet sind auch die Chromosomen im Zellkern, die durch diesen Radikalsauerstoff-Stress in ihrer Struktur aufbrechen können. Es ist nachgewiesen, dass dadurch schwerwiegende Schädigungen der Erbsubstanz (Mutationen) entstehen können. Auch der natürlich ablaufende Alterungsprozess ist eine Folge solcher Oxidationsschäden. Doch freie Radikale sind auch haus- gemacht. Jeder Raucher inhaliert mit jedem Zug Millionen solcher aggressiven Homotoxine. Glücklicherweise sind die Zellen diesem Stress durch Radikale nicht schutzlos ausgeliefert.
Es gibt körpereigene Schutzenzyme und Reparaturmechanismen, die in der Lage sind, Sauerstoffradikale „wegzufangen“. Diese Reparatursysteme sind auf die Zufuhr von essentiellen Spurenelementen und Vitaminen (Vitamine A, C, B, E) sowie Glutathion angewiesen.
Um die sauerstoffabgesättigten Vitamine wieder in eine erneut aufnahmefähige Form „reduzieren“ zu können, stehen der Zelle weitere Enzyme zur Verfügung. Diese Enzyme besitzen als zentralen Hauptbestandteil häufig Eisen, Zink und Selen. Bei einseitiger Ernährung sind diese Mineralstoffe häufig nicht in ausreichender Menge vorhanden, wodurch die Selbstheilungsmechanismen gefährdet werden. Gefährdet sind natürlich auch Raucher, die ihre Reparaturmechanismen dauernd überfordern.
Die wichtigsten, durch zerstörerische Sauerstoffradikale hervorgerufenen Erkrankungen sind:
- Arteriosklerose
- Krebs
- Rheuma
- Grauer Star
- Chronische Entzündungen
- Nervenerkrankungen (Schlaganfall, senile Demenz, Morbus Parkinson)
- Folgeschäden des Diabetes mellitus (z. B. Nervendegeneration, Netzhautdegeneration)