Arzneimittelsucht als Volkskrankheit und im beruflichen Alltag
Die Sucht nach Arzneimitteln ist zur Volkskrankheit geworden. Experten schätzen, dass rund 1,5 Millionen Menschen mit der Arzneimittelsucht zu kämpfen haben. Empfänglich für Tabletten sind vor allem Frauen. Rund zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen. Viele Abhängige haben Schlafstörungen und Angstzustände und nehmen Benzodiazepine ein, die ein immenses Suchtpotential haben - und wenn überhaupt - in schwacher Dosis nur einige Tage eingenommen werden sollten.
Die Entspannungs- und Beruhigungsmittel (Tranquilizer) und Schlafmittel (Hypnotika) wurden in den späten 1950er Jahren erstmals synthetisiert. Man schätzt seitens der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V., dass 1-2 Prozent der Erwachsenen täglich ein solches Mittel nehmen – mit grafierenden Auswirkungen auf die Psyche und den Organismus. Arbeitnehmer, die Befindlichkeitsstörungen wie Nervosität, Überlastung und Erschöpfung angeben, bekommen vereinzelt Tranquilizer und Hypnotika verschrieben. Die angstlösende, entspannende und beruhigende Wirkung ist vehement. Rund zwei Drittel aller Arzneimittelsüchtigen sind durch Benzodiazepine in die Sucht geraten.
Gerade durch die Auswirkungen unserer Konsum- und Leistungsgesellschaft sind die Gegenspieler der Benzodiazepine, die Amphetamine, seit Jahren zur „Modedroge“ geworden. Zu den synthetischen Mitteln gehören Drogen wie Speed, Crystal oder Ecstasy. Amphetamine werden vor allem in Pulver- oder Tablettenform konsumiert und sind seit den 1930er Jahren (damals als Mittel gegen Schnupfen) für ihre psychostimulierende Wirkung bekannt. Methamphetamine sind seit längerem als langwirkende Tabletten gegen Leistungsschwäche bekannt.
Durch das hohe Suchtpotential und möglichen Vergiftungserscheinungen sind der Verkauf und die ärztliche Verordnung von Amphetaminen seit längerem streng geregelt. Teilsubstanzen von Amphetaminen finden sich zum Beispiel in Medikamenten wie Appetitzügler - leider auch in Arzneimitteln gegen Aufmerksamkeitsschwäche bei Kindern. Die Effekte, Wirkungsweisen und Risiken hängen von den Amphetaminen und deren Derivaten sowie der Dosis ab. Der permanente Konsum kann extreme psychische Symptome wie: Aggressionen, Gewalttätigkeiten, Verfolgungswahn, Stimmungsschwankungen, Angststörungen und Depressionen auslösen. Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gleichgültigkeit, Hunger, Durst und feinmotorische Probleme haben viele Betroffene in der Anfangsphase als Symptome. In allen Lebensbereichen wird das Konzentrations- und Urteilsvermögen eingedämmt. Psychostimulantia (synthetische Aufputschmittel) zusammen mit Alkohol können lebensgefährliche Krämpfe, Kreislaufschocks und Herzstillstände verursachen.
Zu den gefährlichen Arzneimitteln gehören zum Beispiel auch Antitussitiva, die in Hustenmittel vorkommen. Hier ist Codein, ein Opioid, sehr gefährlich. Codein kann eine Opiat-Abhängigkeit auslösen. Menschen mit Übergewicht oder Essstörungen neigen zu Appetitzügler. Diese Mittel können zahlreiche Nebenwirkungen auslösen, unter anderem: Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Schweißausbrüche und Herzleiden. Ein hohes Suchtpotential haben Schmerzmittel als Analgetika. Vor allem Morphine führen in kürzester Zeit zur Sucht. Bestimmte Hauptinhaltsstoffe von Schmerzmittel sind mit Koffein kombiniert problematisch. Schlafmohn als natürliche Herkunftspflanze aus Indien und China ist für die Opiate bekannt. Schlafmohn als Heilmittel und Rauschdroge hat eine uralte Kulturgeschichte. Opiate und Opioide haben die stärkste schmerzlindernde Wirkung und auch das höchste Suchtpotential.
Die Therapie wird nach dem Medikamententyp durchgeführt. In der Regel stationär in einer spezialisierten Suchtklinik. Heute versucht man, zum Beispiel über die Betriebskrankenkassen, das Thema Arzneimittelsucht in die Unternehmen zu bringen. Man möchte hier, wie bei der Alkoholprävention, professionelle Beratungsstrukturen in der Prävention und Kommunikation schaffen. Bei vielen problematischen Arzneimitteln als Beruhigungs-, Aufputsch- oder Schmerzmittel reichen selbst geringe Dosen aus, sofern diese Medikamente regelmäßig eingenommen werden.
Es gibt einige gemeinnützige Kompetenzzentren in Deutschland, wie die Deutsche Hauptstelle für Suchfragen (DHS) oder den Gesamtverband für Suchthilfe (GVS). Fachverband der Diakonie Deutschland, die fundierte Informationen und Services bieten. Alleine der Fachverband Sucht e.V. (FVS) bietet nach eigenen Angaben 6.500 stationäre und viele ambulante Therapieplätze an.